Was ist wichtig im Urlaub? Abwechslung!
Wir haben eine große und eine kleine koreanische Stadt kennengelernt,
und wir waren schon in den Bergen. An diesem Tag war das Landleben an
der Reihe.
Eines der berühmtesten koreanischen Dörfer ist Hahoe, eine Siedlung in
der Nahe Andongs. Da werden die Traditionen des Landes weitergelebt.
Wenn man sich von Touristenscharen abstrahiert.
Hahoe liegt ca. 25 km von Andong entfernt in der Kurve des Nakdong
Flußes. Der Name selbst bedeutet "Windung des Flusslaufs", und die Form
der Siedlung entspricht einer auf Wasser schwimmenden Lotusblume.
Gute
Energien durchströmen diesen Ort, so glauben das zumindest die Anhänger
der Geomantie. Da die Lehre in Korea weit verbreitet ist, wird dieser
Umstand sogar in Touristenbroschüren besonders hervorgehoben.
Seit 600 Jahren besteht Hahoe als Residenz des Pungsan Ryu Klans, mit
Hilfe der guten Energien und der Tugenden der Klanmitglieder. Derzeit
wohnen 229 Personen in 121 Haushalten im Dorf.
Von Andong aus ist Hahoe ganz leicht zu erreichen - der Bus Nr. 46
fährt 8 mal täglich von der Haltestelle gegenüber dem Andong Bus
Terminal. Die Fahrt dauert ca. anderthalb Stunden und führt über die
Andonger Vororte und die Reisfelder entlang.
Das Gehen auf Tuchfühlung mit den alten Traditionen ist nicht
kostenlos. Die Kassen des Hahoe befinden sich allerdings 1,5 km von der
Siedlung entfernt - vermutlich, um die guten Energien nicht zu
gefährden. Beim Aussteigen aus dem Bus erhält man eine
Wertemarke für den kostenlosen Shuttle-Transfer zwischen den Kassen und
Hahoe selbst.
Das erste Gebäude, das man in Hahoe sieht, ist das Infozentrum für
Touristen. Da kann man sich mit dem Dorfplan versorgen und sich nach
dem Spielplan erkundigen.
Spielplan? Ja. Beim Andonger Maskdance Festival mischt Hahoe kräftig
mit. Erstens, eines der berühmtesten und beliebtesten Maskenspiele
Koreas ist in diesem Dorf entstanden. Zweitens, befindet sich hier eine
der Bühnen des Festivals, wo Vertreter aller buddhistischen
Herrenländer ihre Volkstänze und Schauspiele vorführen.
Bis zur ersten Aufführung hatten wir allerdings noch einige Stunden
Zeit, also ging's auf Erkundigungstour durch Hahoe.
Was ist in den Töpfen? Das scharfe, süchtigmachende und absolut
unverzichtbare Teil jedes koreanischen Mahls - Kimchi!
Kimchi ist scharf eingelegtes Gemüse, meistens China-Kohl. Weitere
Bestandteile der Speise sind rote Pepperoni en masse, Knoblauch,
Schalotten, Ingwer, Soja-Soße, Sesamöl, Soja-Paste und manchmal
Karotten und Anchovi. Statt China-Kohl wird auch mal Rettich genommen.
Das Gemüse wird sowohl pur, als Vorspeise, gegessen, als auch zu
Suppen, Eintöpfen und Pfannkuchen verarbeitet. Insgesamt existieren
mehr als 160 Variationen von Kimchi, und natürlich hat jede Hausfrau
ihr eigenes Geheimrezept im Kochbuch.
In Sommer zubereitetes Kimchi ist zum baldigen Verzehr gedacht. Ganz
anders ist Winter-Kimchi. Ende November und Anfang Dezember versammeln
sich Familien und Freunde zum gemeinsamen Event - ganze Berge von
Gemüse werden geschnitten, gesalzen, gewürzt und in die Töpfe gepackt.
Dieses Kimchi wird dann das ganze Jahr über genossen. Insbesondere in
den Wintermonaten ist es ein guter Ersatz für fehlendes frisches Gemüse
und ein Vitamine-Lieferant. Kaum ein Koreaner scheint Kimchi auf seinem
Tisch missen zu wollen. Auch ich muss zugeben - ich bin süchtig danach
geworden.
Beachten Sie bitte auch die Strohdächer auf dem Bild oben. Solche
Dächer gehörten früher auf die Häuser des gemeinen Volkes, das am Rande
der Siedlung wohnte. Die Gebäude auf den Höfen des Adels sind mit
Ziegeln bedeckt.
Die meisten Bauten in Hahoe bestehen unverändert seit den Zeiten der
Joseon-Dynastie, 16. Jahrhundert. Das hat UNESCO dazu veranlasst, das
Dorf als Weltkulturerbe anzuerkennen.
Da die Angehörigen des Ryu-Klans bis jetzt in Hahoe wohnen, nicht in
jedes Haus und Hof kann man rein - nur in die auf dem Plan
gekennzeichneten.
In einem der Höfe befindet sich das Museum von Seoae Ryu Seong-ryong
(1542-1607). Dieser bedeutende Vertreter des Ryu-Klans war
Premier-Minister zu den
Zeiten der japanischen Invasion und hat maßgeblich dazu beigetragen,
Korea von den Aggressoren zu befreien.
Neben den persönlichen Sachen von Seoae Ryu Seong-ryong beinhaltet die
Ausstellung einige wertvollen Bücher und Schriften seiner Zeit.
Ein paar Straßenblocks weiter befindet sich eine der drei heiligen
Stätten von Hahoe - Samsindang, der Treffpunkt des Dorfes. Jedes Jahr
am 15. Januar beten hier die Einwohner von Hahoe zu ihren Ahnen um das
Wohlergehen.
Außerdem wurde hier das Hahoe-Schauspiel uraufgeführt. Wie die
Dorfbewohner das damals geschafft haben, ist mir ein Rätsel - in der
Mitte des Platzes wächst eine 600 Jahre alte Zelkove, die ihn fast
komplett in Anspruch nimmt. Anscheinend war der Baum damals noch nicht
so Respekt einflößend dick.
Diese weiße Girlanden um den Baum herum sind in Wirklichkeit
Wunschzettel, wobei der Großteil dieser Pracht den Touristen zu
verdanken ist.
Vertreter der Ahnen übernehmen dann wohl die Erfüllung.
Wer hat dem Totem die Zähne ausgeschlagen? War das ein unzufriedener
Nachfahr, dessen Wünsche nicht zur Wirklichkeit wurden? Oder doch der
gemeine
Tourist?
Die Dorfbewohner, die mit ihren Vorfahren auf gutem Fuß standen,
konnten sich zum Beispiel solche Bauten leisten:
Dieses Haus hat sich ein höherer Beamter aus dem Ryu-Klan gebaut, um in
Ruhe seine Rente genießen zu können.
Wir dagegen hatten viel bescheidenere Wünsche - die guten Geister mögen
uns bitte zu einer Imbiss-Bude lotzen. Es hat sich nämlich als
schwierig erwiesen, in Hahoe etwas zu Essen zu finden. Zumindest, wenn
man kein Koreanisch
versteht, und die Aushängeschilder nicht lesen kann.
Die Geister lotzten uns stattdessen zum Ausgang aus dem Dorf, auf die
grünen Felder.
Am Ausgang entdeckten wir einen weiteren Touristenmagnet -
die Werkstatt, wo die Totempfahle
produziert werden. Diese sind wohl die berümtesten Fotomotive aus
Hahoe, dank der ausufernden Fantasie des Werkstattmeisters.
Somit war unsere Besichtigungsrunde in Hahoe beendet. Wir gingen zurück
zum Ufer. Unsere nächste Herausforderung war, einen guten Platz in den
Zuschauerreihen zu finden - das Schauspiel würde bald beginnen.
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